Sie will es heller – Billie Eilish betritt das Pop-Wunderland (2024)

Drittes Album „Hit Me Hard And Soft“

Sie will es heller – Billie Eilish betritt das Pop-Wunderland

Sie will es heller – Billie Eilish betritt das Pop-Wunderland (1)

Billie Eilish bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles im März.

Quelle: IMAGO/UPI Photo

Sie ist unter den jungen Pop-Königinnen die dunkelste, zornigste und spannendste. Auf ihrem dritten Album „Hit Me Hard And Soft“ klingt die Musik von Sängerin Billie Eilish erwachsener, ihre Texte selbstsicherer. Die Soundkanten in den Songs sind weniger geworden.

Dass sie sich zum ersten Mal in jemanden verliebt hätte, der ein Freund sei, mit diesen Worten beginnt das dritte Album von Billie Eilish. „Hat ein Leben lang gedauert“, singt der 22-jährige Indie-Superstar im Auftaktsong „Skinny“ mit dem trauten, traurigsüßen Eilish-Hauch. „Die Leute sagen, ich sähe glücklich aus / nur weil ich schlank geworden bin.“

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Aber das grüblerische, selbstkritische, fremdkritische, depressive Ich sei immer noch da, dieses sich selbst ausfragende Ich, das sich jenseits der Bühne wie ein „Vogel im Käfig“ fühle, dessen Privatleben von Leuten ins „nach Fleisch hungrige Internet“ gespeist wird. Die Liebe, um die es im Lied geht, läuft dann schief, aber die Sängerin habe ihre dunkle Seite zu schätzen gelernt – „vielleicht ist sie das wahre Ich / und ich denke, sie ist hübsch“.

Es ist viel passiert zwischen dem Vorgängeralbum „Happier Than Ever“ (2021) und dem neuen Werk „Hit Me Hard And Soft“, das am Freitag (17. Mai) erscheint. Gleich zwei Oscars hat Eilish mit ihren Songs für Bond („No Time To Die“, 2022) und Barbie („What Was I Made For?“, 2024) eingefahren und bewiesen, dass sie und ihr Bruder, Ko-Songwriter und Produzent Finneas O‘Connell, auch großen Adult-Pop können, Songs, die ohne die für Eilish so typischen, (und spannenden) Kanten und Schmisse auskommen.

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Von diesen gibt es reichlich auf Album Nummer 3. Eine perlende Gitarre dominiert „Skinny“, das wie eine weitere Filmmusik wirkt, zumal, wenn die Ballade in ein gänsehautschönes kammermusikalisches Outro mündet. Der Elektrofunk von „Lunch“ folgt nahtlos. Ein Uptempo-Dancetrack mit schimmernden Sounds, Ska-Gitarre, explosivem Bass, ebenfalls ohne (mit bloßem Ohr) hörbare Störmanöver, nur mit mehr Puls zum Ende hin.

Billie Eilish singt im pulsierenden „Lunch“ über ihre Liebe zu Frauen

„Ich könnte dieses Mädchen zu Mittag essen / sie tanzt auf meiner Zunge“ singt Eilish darin offensiv, und „sie schmeckt, als könnte sie die Richtige sein.“ Seit einem Outing-Interview mit „Variety“ von Ende 2023 wird diskutiert, ob Eilish nun „queer“ oder „bisexual“ sei. Im amerikanischen „Rolling Stone“ hatte sie Ende April über ihren „Ph. D. in Masturbation“ gejuxt, unverblümt über ihre Freude am Sex geredet.

Ich könnte dieses Mädchen zu Mittag essen / sie tanzt auf meiner Zunge.

Weit weg ist diese positive Lustbetontheit vom dunklen, gebetsartigen Flüsterstück „Not My Responsibility“, mit dem Eilish noch vor drei Jahren die Fremdsicht auf ihren Körper und ihre Garderobe kritisiert hatte. Wegen „Lunch“ wird‘s wohl den „Explicit“-Aufkleber für die Platte geben. Kümmert niemanden.

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Es gibt auf „Hit Me“ dunkle Zeilen zu hellen Sounds

Es ist heller hier als auf Eilishs Debüt und ihrem „Happier“-Album, dessen Cover sie dem Titel zuwiderlaufend unter Tränen zeigte. Auch wenn immer wieder böse Zeilen blitzen, Geister von gestern spuken, wirkt die Erzählerin selbst standfester im Sturm ihrer Karriere.

Zudem gibt es weniger Electro, mehr „echte“ Instrumente wie Schlagzeug und Streichquartett: „Birds of a Feather“ (Gleichgesinnte) ist ein perfektes Stück Pop über eine problematische „love you till I die“-Liebe – sonnig wie Madonnas „True Blue“. „Wildflower“ handelt von der Verwandlung der Trösterin einer Verlassenen in eine Liebende, Begehrende, und lässt den Sound, ausgehend von einer zarten Folkmelancholie zu einer Pophymne anschwellen.

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Markanter passiert das noch bei „The Greatest“, einem Lied über die Beziehungsfallstricke des Popstardaseins - da bedient Eilish sich im Mittelteil sogar beim Rock. „L‘amour de ma vie“ – eine kalte Herzensabfuhr beginnt als Chanson und erweist sich gleichfalls als Gestaltwandler - ein Housebeat steigt da aus dem Song.

Spät tritt die Gothpop-Billie der Anfänge auf den Plan

Die Gothpop-Billie von „When We All Fall Asleep, Where Do We Go“ (2019) taucht erst in der zweiten Albumhälfte auf - ab „The Diner“: Schwankender Rhythmus, Klezmerklarinette, dazu Zirkussounds aus einer Manege der Schatten. Die Sängerin erzählt tonlos, murmelnd zu gespenstischen Echos aus der Sicht eines Extremfans von dessen Beziehungswahnsinn („Ich wette, ich könnte dein Leben ändern / du könntest meine Frau werden“). Gründet auf einer wahren Geschichte – ein Stalker hatte Eilish Anfang 2023 in Todesangst versetzt.

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Mit den ätherisch seufzenden Streichern des sechsminütigen Gänsehautstücks „Blue“ endet das mit nur zehn Songs überschaubare Kompendium. „I‘m true blue“ („ich bin unerschütterlich loyal“) heißt es da – adressiert an eine (unrettbare) Liebe und vielleicht auch an ihre Hörer, die von so viel Songschönheit je nach Gemüt „hart“ oder „soft“ getroffen werden und vielleicht erstmal klarkommen müssen.

„Chihiro“ heißt ein housiges Synthpopstück von eher dezenter Beatzahl, dessen Titel, wie eine geheime Überschrift über der Platte steht. In dem Coming-of-Age-Anime-Klassiker „Chihiros Reise ins Zauberland“ (2001) von Hayao Miyazaki reifte ein schüchternes Mädchen in einem unheimlichen, verwunschenen Vergnügungspark zu einem selbstbewussten Menschen. Irgendwie auch ihre Geschichte.

Eilish ist im Wunderland Pop – unterwegs zu sich auf wunderbaren und wundersamen Wegen.

Billie Eilish – „Hit Me Hard And Soft“ (Roundhouse/Interscope Records)

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Billie Eilish auf Tour: Mit dem neuen Album im Gepäck wird Billie Eilish am 24. September im kanadischen Quebec eine 81 Konzerte umfassende Welttour beginnen. Der Deutschlandteil beginnt am 2. Mai 2025 in Hannovers ZAG-Arena, es folgt am 9. Mai ein Konzert in Berlin (Mercedes-Benz-Arena), dann am 29. und 30. Mai zwei Auftritte in der Kölner Lanxess-Arena.

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Author: Aron Pacocha

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